Die Insolvenz in Eigenverwaltung bietet Unternehmen in finanziellen Krisen die Möglichkeit, ihre Geschäfte weiterhin selbst zu führen und gleichzeitig einen strukturierten Insolvenzprozess zu durchlaufen. Diese Verfahrensart ermöglicht es Unternehmer:innen, aktiv an der Restrukturierung teilzunehmen und die Zukunft ihres Unternehmens zu gestalten, ohne die vollständige Kontrolle an einen externen Insolvenzverwalter abzugeben.
Was bedeutet „Insolvenz in Eigenverwaltung“?
Definition und rechtliche Grundlagen
Die Insolvenz in Eigenverwaltung ist eine spezielle Form des Insolvenzverfahrens nach den gesetzlichen Regelungen der Insolvenzordnung (InsO), insbesondere gemäß §270 ff. InsO. Im Gegensatz zur herkömmlichen Regelinsolvenz bleibt die Geschäftsführung während des gesamten Verfahrens im Besitz und in der Kontrolle. Der Unternehmer oder die Unternehmerin bleibt somit aktiv in das Insolvenzverfahren eingebunden und kann eigenständig Entscheidungen treffen, begleitet von einem vorläufigen Sachwalter.
Ziele der Eigenverwaltung
Die Hauptziele der Insolvenz in Eigenverwaltung sind der Erhalt der unternehmerischen Handlungsfähigkeit und der Schutz vor einer Zerschlagung des Unternehmens. Durch die Möglichkeit, das Unternehmen selbst weiterzuführen, sollen Arbeitsplätze gesichert und eine Fortführung des Geschäftsbetriebs ermöglicht werden. Darüber hinaus wird angestrebt, die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten aufrechtzuerhalten und eine nachhaltige Sanierung des Unternehmens zu realisieren.
Voraussetzungen für die Insolvenz in Eigenverwaltung
Allgemeine Bedingungen
- Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit: Das Unternehmen muss zahlungsunfähig sein oder kurz davorstehen, zahlungsunfähig zu werden.
- Antrag auf Eigenverwaltung beim Insolvenzgericht: Der Insolvenzantrag muss explizit die Eigenverwaltung beantragen, inklusive eines Sanierungskonzepts, das die Fortführung des Unternehmens ermöglicht.
Rolle des vorläufigen Sachwalters
Im Rahmen der Insolvenz in Eigenverwaltung wird ein vorläufiger Sachwalter bestellt, dessen Hauptaufgabe die Überwachung der Geschäftsführung ist. Anders als der traditionelle Insolvenzverwalter greift der Sachwalter nicht aktiv in die Geschäftsführung ein, sondern kontrolliert lediglich die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und unterstützt bei der Sanierung. Dies unterscheidet sich grundlegend von der Regelinsolvenz, wo der Insolvenzverwalter umfassende Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse besitzt.
Ablauf einer Eigenverwaltungs-Insolvenz
Vorbereitungsphase
Die Vorbereitung einer Insolvenz in Eigenverwaltung umfasst die Erstellung eines detaillierten Insolvenzplans und eines Sanierungskonzepts. Hierbei arbeiten Unternehmer:innen eng mit Finanzberatern, Rechtsanwälten und anderen Experten zusammen, um eine realistische und umsetzbare Strategie zur Rettung des Unternehmens zu entwickeln.
Eröffnungsverfahren
Nach der Antragstellung folgt das Eröffnungsverfahren, in dem das Insolvenzgericht den Antrag prüft und entscheidet. Hierzu gehört die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters sowie die Bildung eines vorläufigen Gläubigerausschusses. Diese Instanzen überwachen den Verlauf der Eigenverwaltung und stellen sicher, dass die Sanierungsmaßnahmen im Sinne der Gläubiger umgesetzt werden.
Insolvenzverfahren
Im eigentlichen Insolvenzverfahren wird der Geschäftsbetrieb weiterhin unter der Kontrolle der Unternehmensführung fortgeführt. Parallel dazu werden Maßnahmen zur Sanierung umgesetzt, die oft Kostenoptimierungen und Verhandlungen mit Gläubigern umfassen. Ziel ist es, die wirtschaftliche Basis des Unternehmens zu stabilisieren und langfristig rentabel zu gestalten.
Vorteile der Insolvenz in Eigenverwaltung
Die Insolvenz in Eigenverwaltung bietet zahlreiche Vorteile gegenüber der Regelinsolvenz:
- Kontinuität der Geschäftsführung: Unternehmer:innen können ihr Geschäft aktiv weiterführen und maßgeblich an der Restrukturierung beteiligt sein.
- Schutz vor Zerschlagung: Die Eigenverwaltung ermöglicht es, das Unternehmen als Ganzes zu erhalten und eine Zerschlagung zu vermeiden.
- Vertrauensvorschuss bei Gläubigern: Die aktive Beteiligung der Geschäftsführung kann das Vertrauen der Gläubiger stärken und die Kooperation während des Verfahrens fördern.
Nachteile und Risiken der Eigenverwaltung
Trotz der zahlreichen Vorteile birgt die Insolvenz in Eigenverwaltung auch gewisse Risiken und Nachteile:
- Hohe Anforderungen an das Sanierungskonzept: Das vorgelegte Sanierungskonzept muss realistisch und überzeugend sein, um die Zustimmung des Gerichts und der Gläubiger zu erhalten.
- Abhängigkeit vom vorläufigen Sachwalter: Obwohl die Geschäftsführung erhalten bleibt, unterliegt sie der Kontrolle des vorläufigen Sachwalters, was zu Einschränkungen führen kann.
- Potenzielle Haftungsrisiken: Unternehmer:innen müssen weiterhin Verantwortung für die Geschäftsführung tragen und können bei Pflichtverletzungen persönlich haftbar gemacht werden.
Tipps zur erfolgreichen Eigenverwaltung
Um die Insolvenz in Eigenverwaltung erfolgreich zu gestalten, sollten Unternehmer:innen folgende Tipps beachten:

- Frühzeitige Planung: Je früher das Sanierungskonzept entwickelt wird, desto besser können Maßnahmen zur Restrukturierung umgesetzt werden.
- Transparente Kommunikation: Offene und transparente Kommunikation mit allen Stakeholdern, einschließlich Gläubigern und Mitarbeitern, ist essenziell.
- Professionelle Unterstützung: Die Einbindung von erfahrenen Beratern und Rechtsanwälten kann den Prozess erheblich erleichtern und rechtliche Fallstricke vermeiden.
- Realistische Zielsetzung: Die gesetzten Ziele sollten realistisch und erreichbar sein, um die Glaubwürdigkeit des Sanierungskonzepts zu gewährleisten.
Häufige Fehler bei der Insolvenz in Eigenverwaltung
Bei der Durchführung einer Insolvenz in Eigenverwaltung können verschiedene Fehler auftreten, die den Erfolg des Verfahrens gefährden:
- Unzureichende Vorbereitung: Ein mangelhaftes Sanierungskonzept kann zu einer Ablehnung des Antrags führen.
- Fehlende Transparenz: Unzureichende Kommunikation mit Gläubigern und dem Insolvenzgericht kann das Vertrauen schädigen.
- Ignorieren von rechtlichen Vorgaben: Das Nichtbefolgen gesetzlicher Vorgaben zur Insolvenzanmeldung kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Fallstudie: Erfolgreiche Umsetzung der Eigenverwaltung
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Insolvenz in Eigenverwaltung ist das Unternehmen XYZ, das sich in einer finanziellen Krise befand. Durch die frühzeitige Beantragung der Eigenverwaltung und die Implementierung eines durchdachten Sanierungskonzepts konnte das Unternehmen seine Geschäftsführung erhalten, Kosten optimieren und neue Finanzierungsmöglichkeiten erschließen. Innerhalb von zwei Jahren gelang es XYZ, sich wirtschaftlich zu stabilisieren und wieder profitabel zu werden.
Schlussbetrachtung
Die Insolvenz in Eigenverwaltung stellt eine wertvolle Option für Unternehmen dar, die sich in einer finanziellen Krise befinden und ihre Geschäftsführung weiterhin selbst in der Hand behalten möchten. Durch die Möglichkeit, aktiv an der Restrukturierung teilzunehmen, können Unternehmen ihre Zukunft selbst gestalten und oft erfolgreich aus der Krise hervorgehen. Wichtig ist dabei eine sorgfältige Vorbereitung, transparente Kommunikation und die Unterstützung durch erfahrene Fachleute. Mit der richtigen Strategie und Umsetzung kann die Insolvenz in Eigenverwaltung den Weg zur nachhaltigen Unternehmenssanierung ebnen.
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