Trotz einer monogamen Beziehung kann es zur Diagnose einer sexuell übertragbaren Infektion kommen. Für viele Paare ist das ein Schock, der oft zu Misstrauen oder Schuldzuweisungen führt. Doch der Nachweis von Geschlechtskrankheiten trotz gleichem Partner ist keineswegs ein eindeutiger Beweis für Untreue. In diesem Beitrag erklären wir, wie solche Infektionen entstehen können, warum sie oft unbemerkt bleiben und was medizinisch wie partnerschaftlich zu tun ist.
Geschlechtskrankheiten in festen Beziehungen: Ein unterschätztes Risiko
Der Gedanke, in einer stabilen Partnerschaft vor sexuell übertragbaren Krankheiten (STIs) sicher zu sein, ist weit verbreitet – aber trügerisch. Erkrankungen wie Chlamydien, HPV, Herpes genitalis oder Gonorrhoe können über Jahre unbemerkt im Körper bestehen, ohne akute Symptome zu verursachen. Das erhöht nicht nur das individuelle Risiko für Komplikationen wie Unfruchtbarkeit, sondern birgt auch eine ernstzunehmende Gefahr für die Gesundheit des Partners – auch ohne Fremdgehen.
Faktencheck:
- Rund 80 % aller Chlamydien-Infektionen verlaufen symptomlos.
- Das Humane Papillomavirus (HPV) kann bis zu zehn Jahre latent bleiben.
- Herpes simplex kann auch ohne sichtbare Bläschen übertragen werden (asymptomatische Reaktivierung).
Verborgene Infektionen: Die Rolle der Latenzzeit bei STIs
Viele sexuell übertragbare Krankheiten bleiben über Jahre hinweg unerkannt. Diese sogenannte Latenzphase macht eine eindeutige Rückverfolgung des Infektionszeitpunkts nahezu unmöglich. Ein Partner kann sich also lange vor Beginn der aktuellen Beziehung infiziert haben – etwa durch eine früher nicht diagnostizierte Infektion.
Typische STIs mit langer Latenzzeit:
- HPV (Humane Papillomviren): Besonders bei Männern oft unentdeckt, aber hoch ansteckend.
- Herpes genitalis: Kann jederzeit reaktiviert und auch ohne Symptome übertragen werden.
- Syphilis: Verläuft in mehreren Phasen und bleibt in der ersten oft unbemerkt.
- Hepatitis B und C: Übertragbar durch Blut oder Schleimhautkontakt – oft ohne Beschwerden.
Diese latenten Infektionen sind deshalb besonders problematisch, weil sie auch durch orale oder anal-genitale Kontakte sowie durch gemeinsam genutzte Intimartikel übertragen werden können – ohne dass dies beim Geschlechtsverkehr auffällt.
Kann man sich selbst neu anstecken? Reinfektion und Reaktivierung
Auch wenn beide Partner infiziert sind, kann es zu sogenannten Reinfektionen kommen – etwa wenn eine Behandlung nur bei einem der beiden durchgeführt wurde oder nicht erfolgreich war. Ein Beispiel ist die Chlamydien-Infektion: Wird nur eine Person therapiert, kann es zum sogenannten „Ping-Pong-Effekt“ kommen, bei dem sich die Partner gegenseitig erneut infizieren.
Eine weitere Quelle ist die Reaktivierung einer bestehenden Infektion – insbesondere bei:
- Herpes simplex Typ 2: Stress, Immunschwäche oder hormonelle Schwankungen können das Virus reaktivieren.
- HPV: Auch nach Jahren kann das Virus erneut aktiv werden, etwa bei geschwächtem Immunsystem.
- HIV: Kann bei unbehandelter Infektion über längere Zeit asymptomatisch bleiben und dann ausbrechen.
Versteckte Übertragungswege: Mehr als nur Geschlechtsverkehr
STIs werden nicht ausschließlich durch penetrativen Verkehr übertragen. Viele Erreger haften auch an Körperflüssigkeiten oder infektiösem Material.
Mögliche Übertragungswege:
- Oralsex (z. B. Gonorrhoe, HPV, Herpes)
- Kontaminierte Gegenstände (z. B. Sexspielzeug, Intimrasierer)
- Küssen bei Herpes labialis
- Infektion durch kontaminierte Oberflächen in seltenen Fällen (Feuchtbereiche, Toiletten)
Auch medizinische Eingriffe, Tätowierungen oder Piercings ohne hygienische Standards sind potenzielle Infektionsquellen.
Früherkennung und Tests: Was Paare beachten sollten
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind entscheidend – auch ohne akute Beschwerden. Besonders bei Kinderwunsch, nach Partnerwechsel oder bei Symptomen wie Ausfluss, Brennen oder Schmerzen sollte eine umfassende STI-Diagnostik erfolgen.
Empfohlene Tests bei Verdacht auf STIs:
- Chlamydien & Gonorrhoe: Urinprobe oder Abstrich
- HPV: Pap-Test, ggf. DNA-Nachweis
- Syphilis: Bluttest (TPHA/FTA-Abs)
- HIV: Labordiagnostik mit ELISA-Test
- Hepatitis B/C: Serologie im Blut
Ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin sollte dabei nicht nur medizinisch, sondern auch emotional sensibel geführt werden, um mögliche Vertrauensfragen innerhalb der Partnerschaft aufzufangen.
Warum STIs kein Beweis für Untreue sind
Ein positiver STI-Befund bedeutet nicht automatisch, dass der Partner untreu war. Viele Menschen tragen sexuell übertragbare Infektionen über Jahre in sich, ohne davon zu wissen. Schuldzuweisungen helfen in solchen Situationen selten weiter – sachliche Aufklärung, medizinische Begleitung und offene Kommunikation stehen im Vordergrund.
Fragen, die Paare sich stellen sollten:
- Wurden beide Partner vor der Beziehung auf STIs getestet?
- Gab es früher riskante Sexualkontakte ohne Schutz?
- Bestehen (oder bestanden) chronische Beschwerden, die nie abgeklärt wurden?
- Wurde das letzte Testergebnis gemeinsam besprochen?
Gerade beim Nachweis von HPV oder Herpes ist der Zeitpunkt der Ansteckung praktisch nicht rekonstruierbar – weil viele dieser Erreger lange unerkannt bleiben.
Was tun bei einem STI-Befund in der Partnerschaft?
Zunächst ist es wichtig, medizinisch korrekt zu handeln und eine gezielte Behandlung einzuleiten. Parallel sollte das Gespräch gesucht werden – möglichst ohne Schuld oder Vorwürfe.
Empfohlene Schritte:
- Diagnose sichern: Labortest und ärztliche Beratung einholen
- Partner informieren: Offen und ruhig über das Ergebnis sprechen
- Beide behandeln lassen: Auch wenn nur eine Person Symptome hat
- Sexuelle Pause einlegen: Bis die Behandlung abgeschlossen ist
- Vertrauen wieder aufbauen: Eventuell mit professioneller Paarberatung
Wie können Geschlechtskrankheiten in festen Beziehungen vermieden werden?
Eine absolute Sicherheit gibt es nicht – aber das Risiko lässt sich deutlich senken:
- Gemeinsame STI-Tests vor Beginn einer neuen Beziehung
- Konsistente Verwendung von Kondomen – auch in Langzeitbeziehungen
- Offenheit bei Veränderungen der Sexualgesundheit
- Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen
- Kein Verzicht auf Schutz bei Oralsex oder Sextoys
Gerade in langfristigen Beziehungen wird der Schutz oft vernachlässigt – was dazu führt, dass Infektionen unbemerkt weitergegeben werden.
Häufige Fragen zum Thema
Wie lange können sexuell übertragbare Krankheiten unbemerkt bleiben?
Je nach Erreger mehrere Monate bis Jahre. HPV und Herpes können lebenslang persistieren.
Kann ich mich selbst mit einer STI immer wieder anstecken?
Ja – bei unvollständiger Behandlung kann es zur Reinfektion kommen.
Sind Geschlechtskrankheiten ein Hinweis auf Seitensprünge?
Nicht zwingend. Viele STIs bleiben lange unbemerkt oder stammen aus vorherigen Beziehungen.
Wie finde ich heraus, ob ich eine STI habe?
Nur durch gezielte Labortests – viele Infektionen zeigen keine Symptome.
Was ist der häufigste Übertragungsweg für STIs in Beziehungen?
Ungeschützter Oralsex und mangelnde Vorsorge sind laut Studien besonders häufig.
Fazit: STI-Vorsorge gehört auch in die monogame Partnerschaft
Der Nachweis einer Geschlechtskrankheit trotz gleichem Partner muss kein Beziehungsdrama auslösen – sondern sollte vielmehr Anlass für medizinische und kommunikative Klarheit sein. Wer sich regelmäßig testen lässt, offen mit dem Partner spricht und auf Schutz achtet, schafft Vertrauen und reduziert das Risiko für ernsthafte Komplikationen. Ein realistischer, nicht moralisch aufgeladener Umgang mit dem Thema ist der beste Weg zu körperlicher und partnerschaftlicher Gesundheit.
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